Unser Engagement

Gemeinsam gegen Armut – die Post wird offizielle Partnerin des SRK

Bereits seit 25 Jahren arbeitet die Post zusammen mit dem Schweizerischen Roten Kreuz (SRK) im Rahmen der Aktion «2 x Weihnachten». Nun wird die Hilfe für armutsbetroffene Menschen ausgebaut: Die Post ist neu «offizielle Partnerin». Im Interview erzählt der Direktor des SRK, Markus Mader, was er sich vom Schulterschluss erhofft.

Stefan Kern

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Markus Mader
«Mit der Post wollen wir im Fundraising neue Wege gehen, sei es im Druck, im Versand oder auch mit crossmedialen Kampagnen», so Markus Mader, Direktor des Schweizerischen Roten Kreuz.

Mit der Partnerschaft soll die Armut in der Schweiz gelindert werden. Wie hilft das SRK armutsbetroffenen Menschen?

Das SRK unterstützt mit der Einzelhilfe subsidiär, also in Ergänzung zum Staat. Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, übernehmen wir einmalig Krankenkassenprämien, Arztrechnungen oder Mietkosten. Wir wollen damit verhindern, dass Menschen an der Armutsgrenze wegen einer grossen Rechnung auf die Behandlung verzichten oder deswegen in die Armut abrutschen. Sie sollten nicht wählen müssen zwischen einem notwendigen medizinischen Eingriff und genug Essen. Armutsbetroffene Menschen sollen wissen, dass sie einen niederschwelligen Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen haben. Einen Grossteil der Armutsbekämpfung leisten aber unsere Kantonalverbände mit individuellen Unterstützungsangeboten. Wir, die Geschäftsstelle SRK, engagieren uns auf verschiedenen Ebenen.

Was meinen Sie damit?

Wir unterstützen nicht nur direkt die Menschen, die von Armut betroffen sind, sondern setzen uns auch generell für weniger Armut in der Schweiz ein. Wir sind beispielsweise bei der SKOSTarget not accessible und der Charta SozialhilfeTarget not accessible dabei. Und dann sind wir seit 2020 Mitglied der Alliance EnfanceTarget not accessible, weil frühe Förderung ein zentraler Bereich der Armutsprävention ist.

Seit 1997 setzt das SRK unter anderem mit der Post die Spendenaktion «2 x Weihnachten» um. Auf welchen Erfahrungen kann die intensivierte Partnerschaft aufbauen?

Durch unsere Kooperation im Rahmen von «2 x Weihnachten» können wir auf einer sehr guten, von gegenseitigem Vertrauen geprägten Zusammenarbeit zugunsten der Verletzlichsten aufbauen. Bei der Weiterentwicklung des Formats von «2 x Weihnachten» hat die Post viele neue Ideen eingebracht. Wir bauen aber auch auf der Erfahrung der COVID-Briefmarke auf, die die Post während des ersten Lockdowns 2020 als Sondermarke herausbrachte und deren Erlös zur Hälfte ans SRK ging.

Gibt es noch weitere Berührungspunkte mit der Post?

Mit der Post wollen wir im Fundraising neue Wege gehen, sei es im Druck, im Versand oder auch mit crossmedialen Kampagnen. Hierzu ist ein Workshop geplant. Ziel ist, das Kerngeschäft der Post mit unserem Kerngeschäft zu verbinden und voneinander zu lernen.

In der Schweiz ist Armut, im Gegensatz zu anderen Ländern, nicht immer sichtbar. Ein gutes oder schlechtes Zeichen?

Eher ein schlechtes. Hierzulande schämt man sich, arm zu sein. Die Leute versuchen möglichst lange zu verbergen, dass sie arm sind – und schieben beispielsweise eine Zahnbehandlung oder einen Arztbesuch lange hinaus. Viele gehen aus Scham auch nicht zur Sozialhilfe. Wir wissen, dass viel mehr Leute Anspruch auf Sozialhilfe hätten als effektiv bezogen wird. Die Corona-Krise drängte viele Menschen, die bisher knapp über der Armutsgrenze lebten, in eine existenzielle Notlage und machte die Armut sichtbarer.

Wie hat sich die Solidarität in der Schweiz verändert – insbesondere über die letzten zwei «Corona-Jahre»?

Grundsätzlich sind die Leute in der Schweiz sehr solidarisch. Es gibt hierzulande einen Gemeinsinn. Ausserdem geht es einer grossen Mehrheit gut oder sehr gut. Die Pro-Kopf-Spenden sind in der Schweiz um ein Vielfaches höher als anderswo. Die von vielen prognostizierte «Spaltung» der Gesellschaft ist nicht eingetreten, hingegen hat sich die Ungleichheit weiter verstärkt. Die Spannungen wurden jedoch hochstilisiert. Gerade jetzt während der Ukraine-Krise sehen wir wieder eine riesige Solidarität. In der Krise sind die Menschen noch solidarischer. So wurden auch für die Aktion «2 x Weihnachten» 2020/21, also mitten in der Corona-Krise, ausserordentlich viele Pakete gespendet.

Wenn Armut zwar vorhanden, aber nicht immer sichtbar ist

Rund 8,5 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung in Schweizer Privathaushalten leben in Armut und müssen mit 33 Franken pro Tag auskommen (Stand 2019/2020). Damit bezahlen sie Essen, Kleidung, Kommunikation, Energieverbrauch, laufende Haushaltsführung, Gesundheitspflege, Verkehrsauslagen, Unterhaltung und Bildung, Körperpflege sowie Vereinsbeiträge und Hobbys. Dies betraf 2020 in der Schweiz rund 722 000 Menschen. Armut ist in der Schweiz nicht immer sichtbar, aber dafür ein umso grösseres Thema (Quelle: Bundesamt für Statistik).

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