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Es war einmal ein Absinthproduzent mit gelbem Blut

Beim Stichwort Val-de-Travers kommen einem der Creux du Van und natürlich der berühmte Absinth in den Sinn. Ein sagenumwobenes, idyllisches Tal, das jährlich nicht weniger als 100 000 Touristinnen und Touristen besuchen. Hier lebt Thierry Racine, seit 38 Jahren bei der Post und in der Freizeit Absinthproduzent. Um seinen Absinth zu degustieren, machen wir eine kleine Tour durch das Pays des Fées. Das Rezept ist ein streng gehütetes Geheimnis, genauso wie die Standorte der «verzauberten» Brunnen, an denen man den Absinth degustieren kann.

Corinne Tschanz

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Thierry Racine auf dem Creux du Van, dem Namensgeber seines Absinths und Juwel des Val-de-Travers. Copyright: François Wavre
Thierry Racine auf dem Creux du Van, dem Namensgeber seines Absinths und Juwel des Val-de-Travers. (Copyright: François Wavre)

Im Val-de-Travers ist der Absinth sozusagen legendär ... Traditionell wird er an Brunnen degustiert. Diese Brunnen werden aus Baumstämmen geschnitzt oder von geschickten Talbewohnern von Hand gebaut. Und natürlich sind sie ein bisschen geheim. «Sie sind nirgends verzeichnet, man muss sie bei Spaziergängen im Wald selbst entdecken», erklärt Thierry Racine, stellvertretender Leiter des Gebiets Neuenburg bei PostNetz.

Insgesamt gibt es rund zehn solcher Brunnen im Tal, die alle an einem besonderen Ort stehen, wie die berühmte Fontaine Froide in der Nähe der Ferme Robert, die Fontaine à Louis auf dem Weg durch die Poëta-Raisse-Schlucht oder eben die Fontaine à Francis, die «versteckt» im Wald oberhalb von Travers auf Besucher wartet.

Der Absinth im Glas vermischt sich mit dem Wasser aus dem Holzbrunnen im Wald.

Und sobald man in die Nähe kommt, wird es märchenhaft ... Der verführerische Anisduft einer Flasche Absinth, bereitgestellt von den «Feen», die für eine diskrete, aber effiziente Verpflegung sorgen, steigt in die Nase: «In einer kleinen Kiste hat es auch Gläser, die man gegen ein paar Münzen in die Kasse oder sogar gegen Zahlung mit TWINT ausleihen darf», meint Thierry schelmisch. Schon ein paar Tropfen des frischen Brunnenwassers lassen den Absinth im Glas wie von Zauberhand trüb werden. Mit dem Trank in der Hand setzt man sich am besten an einen der Picknicktische, die für die Wanderer bereitstehen.

Der Absinth ist immer noch klar, erst das Wasser macht ihn trüb. (Copyright: François Wavre)

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Thierry Racine mit einem Glas Absinth vor der von Bäumen umgebenen Fontaine à Francis.
Die Fontaine à Francis in einem märchenhaften Wald oberhalb von Travers. (Copyright: François Wavre)

Thierry Racine wurde 1968 in Fleurier geboren und hat immer im Val-de-Travers gewohnt. Nach einer Lehre als Briefbote beschloss er am 8.8.88, sich beruflich neu zu orientieren und Betriebssekretär zu werden. Also ging es zurück in die Schule. Ein Jahr lang lebte er aus beruflichen Gründen in der Deutschschweiz, kam aber danach schnell wieder in sein geliebtes Tal zurück. Er wurde Posthalter in Couvet, danach Leiter des Gebiets Fleurier und 2020 schliesslich stellvertretender Leiter des Gebiets Neuenburg.

Flasche, Brunnen und zwei Gläser Absinth. Im Hintergrund der Creux du Van.

«Die Schwarzbrenner kamen aus ihren Verstecken»

«Als ich Posthalter war, lancierte die Post ein Projekt, dank dem man Postunternehmer werden konnte, d. h. eine Poststelle leiten und gleichzeitig eine selbstständige Nebentätigkeit aufbauen. Das reizte mich», erinnert sich Thierry Racine. Es war das Jahr 2005, der Absinth war gerade legalisiert worden. «Die Schwarzbrenner kamen damals aus ihren Verstecken», meint Thierry mit einem Augenzwinkern. Seine Nachbarin wollte eine Brennerei eröffnen, Thierry und zwei weitere Freunde schlossen sich ihr an. Zusammen gründeten sie eine kleine GmbH, um den milden «Opaline» zu produzieren, nachdem sie die Konzession der Eidgenössischen Alkoholverwaltung erhalten hatten. Ein halbes Jahr später gab die Post das Projekt Postunternehmer auf. Weil sie bereits Geld in ihr kleines Unternehmen investiert hatten, beschlossen Thierry und seine Mitstreiter weiterzumachen. Es ist eine schöne Leidenschaft, der er in seiner Freizeit nachgeht, ohne damit gross Geld zu verdienen.

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«Opaline» und «Creux du Van»

Die Geschichte seiner «grünen Fee» ist hier noch nicht zu Ende: Einige Jahre später übergab Thierrys Grossonkel ihm das Rezept für den berühmten «Creux du Van». «Ein solches Geschenk kann man unmöglich ablehnen, es ist ein bisschen, wie wenn einem ein Geheimnis anvertraut wird!» Wie wird Absinth hergestellt? «Das ist nicht sehr kompliziert, man gibt die Pflanzen in Wasser und Alkohol und erwärmt die Mischung, bis sie verdampft. Der Dampf wird in einen im Wasser stehenden Kühler geleitet, wo er kondensiert und zu Absinth wird.» Dieser Vorgang wird streng nach Rezept ausgeführt und heisst «faire une cuite», was sowohl «Absinth brennen» als auch «sich betrinken» bedeuten kann. Thierry und seine Partner produzieren pro Jahr sechs bis sieben Cuites mit je 50 Litern «Opaline» und «Creux du Van».

Originell ist, dass im Maison de l'Absinthe in Môtiers auch eine Filiale mit Partner der Post untergebracht ist (rechts Yann Klauser, Leiter des Museums und der Filiale). Copyright: François Wavre
Originell ist, dass im Maison de l'Absinthe in Môtiers auch eine Filiale mit Partner der Post untergebracht ist (rechts Yann Klauser, Leiter des Museums und der Filiale). (Copyright: François Wavre)

Wenn Sie keinen Absinth-Brunnen suchen wollen, können Sie auch das Maison de l’AbsintheTarget not accessible in Môtiers besuchen, das ein faszinierendes Museum beherbergt. Es erzählt die Geschichte und Geschichten rund um die grüne Fee und zeigt die Pflanzen, die für ihre Herstellung verwendet werden. Und Sie können dort sogar ihre Postgeschäfte erledigen, weil das Maison de l'Absinthe auch eine Filiale mit PartnerTarget not accessible der Post ist! Eine der originellsten Filialen mit Partner der Schweiz.

Ein betörendes Getränk

Absinth, grüne oder blaue Fee – die Spirituose hat verschiedene Namen. Der Absinth wurde 1910 in der Schweiz verboten und 2005 wieder legalisiert (in Frankreich ein Jahr später). Er fasziniert und polarisiert ... Und man muss nicht unbedingt Neuenburger sein, um die unglaublichen Geschichten rund um dieses betörende Getränk zu kennen. Es ist ein Nischenprodukt, das aber zahlreiche Liebhaber hat.

Im «Kulinarischen Erbe der Schweiz» wird es als Spirituose beschrieben, die durch Destillation eines Gewürzpflanzen-Sudes gewonnen wird. Erst das Wasser macht den klaren Absinth trüb. «Der Alkoholgehalt beträgt mindestens 48 Prozent, in den meisten Fällen jedoch 50 bis 55 und bei einigen sogar bis zu 75 Prozent», erklärt Thierry Racine.

Wie lautet das Rezept für das wertvolle Getränk? Unser Produzent möchte nicht zu viele Details verraten, nur so viel, dass die wichtigsten Pflanzen für sein Rezept Wermutkraut, Römischer Wermut, Minze, Melisse, grüner Anis, Fenchelsamen und Ysop sind und dass fünf davon im Val-de-Travers angebaut werden. Thierry pflanzt einige sogar im Garten seiner Eltern an.

verfasst von

Corinne Tschanz

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